§ 5 Qualifizierung

1) Ein hohes Qualifikationsniveau und lebenslanges Lernen liegen im gemeinsamen Interesse von Mitarbeitenden und Arbeitgebern. Qualifizierung dient der Steigerung von Effektivität und Effizienz des kirchlichen und diakonischen Dienstes, der Nachwuchsförderung und der Steigerung von beschäftigungsbezogenen Kompetenzen. Qualifikation in diesem Sinn ist als Teil der Personalentwicklung zu verstehen.

2) Vor diesem Hintergrund stellt Qualifizierung nach dieser Arbeitsrechtsregelung ein Angebot dar, aus dem für die Mitarbeitenden kein individueller Anspruch außer nach Abs. 4 abgeleitet, aber das durch Dienstvereinbarung nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz9 wahrgenommen und näher ausgestaltet werden kann. Entsprechendes gilt für Dienstvereinbarungen im Rahmen der mitarbeitervertretungsrechtlichen Möglichkeiten. Weitergehende Mitbestimmungsrechte werden dadurch nicht berührt.
3) Qualifizierungsmaßnahmen sind

  1. die Fortentwicklung der fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen für die übertragenen Tätigkeiten (Erhaltungsqualifizierung),
  2. der Erwerb zusätzlicher Qualifikationen (Fort- und Weiterbildung),
  3. die Qualifizierung zur Arbeitsplatzsicherung (Qualifizierung für eine andere Tätigkeit; Umschulung) und
  4. die Einarbeitung bei oder nach längerer Abwesenheit (Wiedereinstiegsqualifizierung).

Die Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme wird dokumentiert und den Mitarbeitenden schriftlich bestätigt.

4) Mitarbeitende haben – auch in den Fällen des Abs. 3 Satz 1 Buchst. d – Anspruch auf ein regelmäßiges Gespräch mit der jeweiligen Führungskraft, in dem festgestellt wird, ob und welcher Qualifizierungsbedarf besteht. Dieses Gespräch kann auch als Gruppengespräch geführt werden. Wird nichts anderes geregelt, ist das Gespräch jährlich zu führen.

5) Die Kosten einer vom Arbeitgeber veranlassten Qualifizierungsmaßnahme – einschließlich Reisekosten – werden, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden, grundsätzlich vom Arbeitgeber getragen. Ein möglicher Eigenbeitrag wird durch eine Qualifizierungsdienstvereinbarung geregelt. Die Betriebsparteien sind gehalten, die Grundsätze einer fairen Kostenverteilung unter Berücksichtigung des betrieblichen und individuellen Nutzens zu regeln. Ein Eigenbeitrag der Mitarbeitenden kann in Geld und/oder Zeit erfolgen.

6) Zeiten von vereinbarten Qualifizierungsmaßnahmen gelten als Arbeitszeit. Im Übrigen gilt § 6 Abs. 8.

7) Gesetzliche Förderungsmöglichkeiten können in die Qualifizierungsplanung einbezogen werden.

8) Für Mitarbeitende mit individuellen Arbeitszeiten sollen Qualifizierungsmaßnahmen so angeboten werden, dass ihnen eine gleichberechtigte Teilnahme ermöglicht wird.

9) Bei Mitarbeitenden im Erziehungsdienst werden – soweit gesetzliche Regelungen bestehen, zusätzlich zu diesen gesetzlichen Regelungen – im Rahmen der regelmäßigen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit im Kalenderjahr 30 Stunden für Zwecke der Vorbereitung und Qualifizierung verwendet. Bei Teilzeitmitarbeitenden gilt Satz 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass sich die Stundenzahl nach Satz 1 in dem Umfang, der dem Verhältnis ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit zu der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitmitarbeitender entspricht, reduziert. Im Erziehungsdienst tätig sind insbesondere Mitarbeitende als Kinderpflegerin/Kinderpfleger bzw. Sozialassistentin/Sozialassistent, Heilerziehungspflegehelferin/Heilerziehungspflegehelfer, Erzieherin/Erzieher, Heilerziehungspflegerin/Heilerziehungspfleger, im handwerklichen Erziehungsdienst, als Leiterinnen/Leiter oder ständige Vertreterinnen/ Vertreter von Leiterinnen/Leiter von Kindertagesstätten oder Erziehungsheimen sowie andere Mitarbeitende mit erzieherischer Tätigkeit in der Erziehungs- oder Eingliederungshilfe. Soweit Berufsbezeichnungen aufgeführt sind, werden auch Mitarbeitende erfasst, die eine entsprechende Tätigkeit ohne staatliche Anerkennung oder staatliche Prüfung ausüben. Mitarbeitende im handwerklichen Erziehungsdienst müssen in Einrichtungen tätig sein, in denen auch Kinder oder Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten zum Zwecke der Erziehung, Ausbildung oder Pflege betreut werden, und für Kinder oder Jugendliche erzieherisch tätig sein.

Das sagen die Gerichte

BAG 5 AZR 584/98
Leitsatz:
An das Merkmal der Fortbildung “im Rahmen des Personalbedarfs” sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass mit einiger Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Bindungsdauer eine Stelle zu besetzen ist, für die die Fortbildung erforderlich ist.


LAG Hamm 7 Sa 1500/11
Leitsatz:
Eine arbeitsvertragliche Klausel über die Rückforderung von Fort- und Weiterbildungskosten ist dann unangemessen benachteiligend im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB, wenn sie bei einer Rückforderungssumme, die das Bruttomonatseinkommen des fortgebildeten Arbeitnehmers um ein Vielfaches übersteigt, bei einer dreijährigen Bindungsdauer nur eine grobe, jährlich gestaffelte Minderung der Rückzahlungsverpflichtung vorsieht, ohne auf eine ausdifferenzierte, etwa monatliche Staffelung abzustellen.

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